WIE ALLES BEGANN
Kaudernis beim Ablaichen – deutlich ist beim Weibchen (im Vordergrund) das Ei hinter den Brustflossen zu sehen
Nach verschiedenen Infos aus Büchern, Internet und Gesprächen mit MW-Aquarianern kauften wir uns im Fachhandel ein schon bestehendes Kauderni-Pärchen.
Einige Tage später wurde bereits mit zuckenden Bewegungen gebalzt und eines Tages konnte man in den Nachmittagsstunden das Ablaichen der beiden beobachten. Das Weibchen positionierte sich immer wieder vor dem Männchen und dieses nahm die abgegebenen Eier ins Maul.
Von diesem Tag an verweigerte das Männchen nun jede Nahrung. Futter wurde zwar sofort angeschwommen, gefressen aber nicht. Das Weibchen war nun bei der Futteraufnahme noch gieriger als vorher. Anscheinend um wieder Reserven aufzubauen. Das Männchen hatte einen sichtlich „geschwollenen“ Kopfbereich. Die Kiemendeckel stellten sich weiter nach außen und die Kehle wirkte voller. Von Zeit zu Zeit konnte man die etwa 3mm großen Eier in seinem Maul sehen. Regelmäßig drehte er die Eier in seinem Maul.
Nach 22 Tagen waren die frisch geschlüpften Jungfische im Maul zu erkennen. Die Kiemenaktivität des Männchen wurden intensiver – anscheinend um mehr Frischwasser zu den Jungen zu pumpen.
DIE VORPLANUNG
Um möglichst viele Junge aufziehen zu können entschieden wir uns das Männchen samt den Jungen im Maul in ein separates Becken umzusetzen. Dieses sollte dann aber mit möglichst viel Frischwasser versorgt werden können, um stabile und gute Wasserwerte zu gewährleis-ten. Hierzu installierten wir ein 18 Liter Becken, welches per Bypass ans Hauptbecken ange-schlossen wurde. Schon zum Anfang der Brut stellten wir uns die Frage - wie bekommen wir nun das Männchen samt Junge aus dem Hauptbecken. Keschern schied aus, da hier die Befürchtung war, dass er in der Panik die Jungfische schon zu früh ausspuckt und diese verletzt werden. Zudem wollten wir bei einer Fangaktion nicht unser komplettes Becken zerlegen.
In der freien Natur halten sich die Kaudernis meist in der Nähe der Diademseeigel auf. Zumindest steht es so in verschiedenen Berichten. Vor allem die Jungfische suchen zwischen den Stacheln Schutz vor Fressfeinden. Also wurde kurzerhand aus schwarzen Kabelbindern und Korallenkleber ein künstlicher Seeigel gebastelt und zum Zeitpunkt, als die kleinen im Maul des Männchen geschlüpft waren, an einer nicht so stark durchströmten Ecke ins Aquarium gestellt. Kurze Zeit später stand das Männchen auch schon daneben und wich nur gelegentlich von diesem künstlichen „Stacheltier“. Sobald man den Plastikseeigel an einer anderen Stelle platzierte, dauerte es nicht lange bis das Männchen wieder davor stand. Bei Stresssituationen (z.B. Wasserwechsel) suchte er meist auch die Nähe der Seeigelnachbildung.
Die Sache mit dem Seeigel brachte uns auf die Idee, es mit einer Fischfalle zu versuchen. Nachdem Kaudernis ca. 32 Tage die Jungen im Maul behalten sollen und wir das Ablaichdatum genau kannten, starten wir am 26. Tag nach der Eiablage die Fangaktion. Die Fischfalle wurde an einer passenden Stelle im Becken versenkt und ein kleiner Plastikseeigel darin platziert. Ich versuchte nun mit zwei Plastikstäbchen das Männchen sanft Richtung Fischfalle zu treiben, während meine Frau den Auslöser für die Falltüre in der Hand hielt. Es dauerte keine zehn Minuten und das Männchen war gefangen.
Die Fischfalle samt Inhalt entleerten wir nun vorsichtig in das Bypassbecken und setzten somit den Papa mit Junge um. Um eine wenig Schutz zu bieten, kamen noch weitere Seeigelimitationen in verschiedenen Größen mit ins Bypassbecken. Der Wasserzulauf aus dem Hauptbecken wurde so eingestellt, dass eine leichte Strömung im Aufzuchtbecken herrschte. Zudem war die Strömung gegen die Bodenplatte gerichtet, um Futter länger in der Schwebe zu halten. Einmal zu Boden gesunken, würden es die Jungfische nicht mehr fressen. Der Ablauf bekam einen Überzug aus einer dünn geschnittenen Filtermatte, damit kein Jungfisch ins Hauptbecken zurückgeschwemmt wird. Vier Tage später waren die ersten Kleinen an der Maulspit-ze des Vaters zu sehen. Anscheinend war es an der Zeit, die väterliche Schutzhöhle zu verlassen.
Am übernächsten Tag (also 32 Tage nach der Eiablage) waren alle Jungfische ausgespuckt. Das Männchen machte nun Bewegungen, als ob er sein Maul wieder einrenken müsste. Für uns das Zeichen, ihn wieder zurück ins Hauptbecken zu setzen. Dies geschah dann aber mit einem Kescher. Insgesamt waren jetzt 17 junge Kaudernis im Bypassbecken.
DIE AUFZUCHT
Drei Tage vor dem berechneten „Ausspucktag“ wurden zwei Flaschen mit Artemieneiern angesetzt, um von Anfang an passendes Futter parat zu haben. Nachdem das Männchen aus dem Bypassbecken entfernt war, wurden die Kleinen damit das erste mal gefüttert. Sofort jagten sie den Artemianauplien nach. Bei Artemia sollten die geschlüpften Nauplien nicht zu lange aufgehoben werden, da sie schnell an Nährwert verlieren. Bei uns werden die beiden Flaschen abwechselnd jeden Tag neu angesetzt,um immer absolut frische Nauplien verfüttern zu können.
Da wir beide berufstätig sind, beschränken sich die Fütterungen auf morgens und abends. In der früh bekommen sie nach dem Einschalten des Lichtes zwei Portionen Futter im Abstand von ca. 20 Minuten. Am Abend wird drei bis vier mal gefüttert. Am Wochenende oder Feiertage, soweit wir zu Hause sind, wird über den ganzen Tag verteilt gefüttert. Die Beleuchtung ist von 7:30 Uhr bis 21:30 Uhr eingeschaltet. Hierzu verwenden wir eine einfache Bürotischlampe.
Alle zwei Tage werden Futterreste und Schmutz aus dem Bypassbecken mit Hilfe einen Schlauches abgesaugt. Das Wasser läuft dann über Filterwatte wieder zurück ins Technikabteil des Hauptbeckens. Von Zeit zu Zeit werden Scheiben und Bodenplatte mit einem Scheibenreiniger von Ablagerungen und Kalkrotalgen befreit. Die Plastikseeigel werden immer wieder mal herausgenommen um sie unter laufenden Wasser mit einer Bürste von Ablagerungen zu befreien. Der Filtermattenüberzug am Ablauf muss täglich gereinigt werden.
Von Anfang an waren unsere Kleinen gegen Stresssituationen unanfällig. Egal ob nun mit Scheibenreiniger oder der Hand im Becken hantiert wurde. Berichte, bei denen junge Kaudernis bei Stress umkippten, können wir nicht bestätigen.
Nach ca. vier Wochen versuchten wir nach und nach Lobstereier zuzufüttern. Das Maul der Kleinen wäre schon groß genug gewesen. So richtig wollten sie aber nicht ran gehen. Die Lobstereier wurden immer wieder ausgespuckt. Erst nach ca. sieben Wochen wurden die Lobstereier auch gefressen. Nach ca. neun Wochen klappte es dann auch mit aufgetauten Frostartemia. Die frisch geschlüften Artemia wurden in der Umstellungsphase nach wie vor täglich drei- bis viermal zugefüttert. Vor allem auch darum, weil bereits die nächste Generation, kleinerer Jungen, im Becken mitschwamm.
die Jungen in der vierten Woche | junge Kaudernis sieben Wochen nachdem sie da Maul des Vaters verlassen hatten |
Beim Zusammensetzen der nächsten Generation, mit den bereits gut sechs mal so großen Geschwistern gab es keinerlei Probleme. Im Gegenteil – inzwischen haben wir das Gefühl, dass die Kleineren dadurch schneller an Frostfutter zu gewöhnen sind, da es ihnen ihre Geschwister ja „vorfressen“.
Irgendwann wird so ein 18 Liter Bypassbecken natürlich zu klein. Daher stellten wir ein 60er Becken an einen separaten Platz. Ausgestattet mit Eiweißabschäumer, Strömungspumpe und einen kleinen Phosphatfilter hatte es eine entsprechende Ausstattung. Dazu kamen noch eine Aufsatzlampe mit 11Watt, Plastikseeigel sowie ein Brocken Lebendgestein.
Wir stellten dieses neue Becken auf und füllten es mit 15 Liter Meerwasser vom letzten Wasserwechsel des Hauptbeckens, sowie 30 Liter eingefahrenem Meerwasser aus der Verkaufsanlage unseres Händlers. Eine Woche später wurden nochmals 20 Liter Meerwasser aus dem Wasserwechsel vom Hauptbecken zugegeben. Am selben Tag bezogen dann die Kleinen ihr neues Quartier. Die ersten beiden Tage waren sie beim Fressen etwas zögerlich. Ab dem dritten Tag hatten sie aber ihren gewohnten Appetit wieder.
Im neuen Aufzuchtbecken werden ebenfalls alle zwei Tage die Futterreste und Schmutz abgesaugt und über Filterwatte gereinigt. Einmal die Woche gibt es einen Wasserwechsel mit fünf Liter frisch angesetztem Meerwasser.
WEITERE ANLÄUFE
Meist drei bis fünf Tage, nachdem das Männchen die letzte Brut ausgespuckt hat, kommt es zur nächsten Eiablage. Dieser Zeitraum reicht für das Männchen nicht aus sich genügend Re-serven anzufressen um die rund 32 Tage dauernde Hungerzeit durchzustehen. Oft wird von ihm daher nach ca. einer Woche das Gelege gefressen. Die nächste Brutphase ist dann, ausrei-chende Fütterung vorrausgesetzt, wieder erfolgreich. Unsere Fische bekommen zweimal täg-lich eine ordentliche Portion Frostfutter. Es werden Artemia, Mysis, Lobstereier, Cylop Eeze und Benkers Garnelenmix durchgemischt. Zur Fütterung schalten wir die Strömungspumpen aus, damit das Futter nicht so stark verdriftet und so gut wie alles gefressen wird. Von Zeit zu Zeit geben wir Vitamine oder ein wenig Knoblauch über das Futter.
EINE ANDERE FANGMETHODE
Durch die Beobachtungen mit den Plastikseeigeln versuchten wir eine neue Methode, die Jungen aus dem Hauptbecken zu bekommen. Dazu klebten wir einen kleinen Plastikseeigel auf den Deckel eines Einmachglases und versenkten das Ganze an einer strömungsarmen Stelle im Aquarium. Die Idee war, dass das Männchen die Jungen entlässt und diese dann zwischen den Plastikstacheln Schutz suchen. Wäre dies geschehen, hätten wir das Einmachglas darüber gestülpt und so alle Jungen problemlos entnehmen können. Diese Theorie startete ganz gut. Kaum war der kleine Plastikseeigel mit dem Glasdeckel im Becken, stand das Männchen permanent daneben. Zum Ende der Brutzeit drückte es regelrecht sein Maul zwischen die Kabelbinder in den Seeigel hinein. Am letzten Tag der Brutzeit machte uns dann aber unser Stromanbieter einen Strich durch die Rechnung. Die drei Stromausfälle am Nachmittag brachten unser Männchen so aus dem Konzept, dass es völlig verstört durchs Becken irrte. Die Jungen wurden dann von ihm an einer anderen Stelle entlassen. Zwei der Kleinen konnten mit einem Tütenkescher gefangen werden. Die Restlichen wurden wohl von anderen Beckenbewohnern gefressen. Beim nächsten Mal werden wir es wieder versuchen.
Wir wünschen all denjenigen die es ebenfalls versuchen, diese wunderschönen Fische nachzuziehen, viel Glück. Zu sehen wie die Kleinen aufwachsen und dann als Schwarm im Becken stehen, ist den Aufwand gewiss Wert. Zudem sollte die Situation dieser Fische in der freien Wildbahn ein zusätzlicher Anreiz sein, das Hobby auf diese Art und Weise mit dem Naturschutz zu verbinden und die Entnahmen aus der Natur zu minimieren.
Markus Spitaler &
Christine Kraus-Spitaler