Die ersten Schritte zu einer erfolgreichen Zucht von Doryrhamphus pessuliferus

 

Die erfolgreiche Zucht von Meeresfischen in Aquarien hat in den letzten Jahren zugenommen.  Immer mehr Bedchte über gelungene Zuchten werden publiziert: angefangen von Anemonenfischen der Gattungen Amphiprion und Premnas über Riffbarsche der Gattung Pseudochromis (P fridmani, P springeri, P flavivertex und P aldabraensis) bis hin zu Mirakelbarschen der Gattung Calloplesiops und Madahnfischen der Gattung Synchiropus.  Auch ich beschäftige ich mich schon lange mit der Zucht von Korallenfischen.  Neben der Aufzucht von diversen Anemonenfischen habe ich schon einige wenige andere Fische gezüchtet, was aber wohl nur Zufallstreffer waren.  Nachfolgend möchte ich über meine Erfolge bei der Aufzucht der Sulu-Seenadel, Doryrhamphus pessuliferus, berichten.
 
 

Anmerkungen zur Pflege

Seit mehreren Jahren pflege ich die Sulu -Seenadel, Doryrhamphus pessuliferus, erfolgreich.  Ihre Eingewöhnung ist aber nicht immer einfach.  Dies liegt wohl daran, dass die Seenadeln vom Fang bis zum Händler wenig bis gar nicht oder gar falsch gefüttert werden.  Seenadeln, die mit Geisterpfeifenfischen und Seepferdchen verwandt sind, benötigen in erster Linie passendes Lebendfutter und ein ruhiges Aquarium.  Oft sind die Seenadeln von Zwischenhälterung und Transport so geschwächt, dass sie nur wenige Tage überleben, wenn sie nicht umgehend mit lebenden Artemien oder Mysis gefüttert werden.  Auch eine Anreicherung des Futters mit Vitaminen ist sehr wichtig. ich verwende dazu Atvitol von JBL und auch das in jeder Apotheke erhältliche Multisanostol.  Für eine erfolgreiche Zucht ist es entscheidend, die EIterntiere bestmöglich zu versorgen, denn ohne kräftige Weibchen gibt es keine Eier und damit auch keine Zucht!

Die Unterbringung der Sulu-Seenadeln ist nicht so schwierig wie die von Seepferdchen, da sie gut in Aquarien mit Lederkorallen, Scheibenanemonen und auch Geweihkorallen der Gattung Acropora sowie anderen nicht aggressiven Steinkorallen gepflegt werden können.  Aggressive Steinkorallen wie Galaxea- oder Euphyllia-Arten sowie Anemonen können den zarten Seenadeln Schaden zufügen und sollten nicht im Aquarium sein.  Eine stärkere Strömung schadet den Seenadeln aber nicht.

Das von mir für die Pflege der Sulu-Seenadeln genutzte Aquarium hat ein Bruttovolumen von 700 1 und ist mit drei Pumpen ausgestattet: eine Umwälzpumpe mit einer Leistung von ca. 1000 1 pro Stunde sowie zwei Strömungspumpen, von denen eine Pumpe eine effektive Leistung von 1200 1 pro Stunde hat und die andere (eine Pumpe von TUNZE mit Intervallschaltung) 2000 1 pro Stunde fördert.  Die Beleuchtung dieser Anlage erfolgt mit sechs Leuchtstofflampen ä 58 Watt (4 x Osram 11, 1 x Osram 67 und eine Arcadia marin w-hite).

Täglich erhalten die Sulu-Seenadeln drei Mal vitaminisierte Artemien und Mysis.  Ich habe versucht, Lobstereier und anderes Futter zu geben, das allerdings von meinen Seenadeln nicht genommen wird.
 

"aspera ad astra"  oder:  über Pleiten, Pech und Pannen zur erfolgreichen Zucht


Die Sulu-Seenadeln laichen bei mir immer in den Abendstunden und zwar ca. eine halbe Stunde bevor das Licht ausgeht.  Der Laichvorgang selbst beginnt mit einem Anschwinimen.  Bauch an Bauch schwimmen die Partner dann durch das Aquarium, teilweise mit ruckartigen Bewegungen.  Diese "Spiel" dauert ca. 20 Minuten.  Während dieser Zeit öffnet sich beim Männchen die bauchseitige Bruttasche.  Das eigentliche Ablaichen geschieht dann sehr schnell.  Dabei stehen meine Seenadeln fast senkrecht an einer strömungsschwachen Stelle und das Weibchen heftet die Eier in die geöffnete Laichleiste des Männchens.  Danach schwimmen beide Partner wieder normal durchs Aquarium.

Nach einer Tragzeit von genau acht Tagen bei einer Wassertemperatur von 24 'C schlüpfen die jungen in der Dunkelphase, ca. eine Stunde nachdem das Licht aus ist.  Ich konnte beobachten, dass das Männchen dabei senkrecht an einer Seitenscheibe stand.  Das könnte ein Zufall gewesen sein, allerdings habe ich dies mehrere Male beobachten können.

Um die jungen abfangen zu können, stelle ich die gesamte Aquarienanlage kurz bevor das Licht ausgeht ab.  Zur Überführung der jungen Seenadeln in ein spezielles Aufzuchtbecken gehe ich folgendermaßen vor: Ich befestige am Lichtaustritt einer kleinen Taschenlampe eine Pappe mit einem ca. 1 cm großen Loch in der Mitte und hänge die Lampe dicht über der Wasseroberfläche auf.  Nach wenigen Minuten sammeln sich die frisch geschlüpften Seenadeln im Lichtkegel.  Mit einer Fangglocke schöpfe die jungen ab und überführe sie in das vorbereitete Aufzuchtbecken.

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Meinen ersten Versuch machte ich mit einem Aquarium mit den Maßen 70 x 35 x 40 cm.  Das Licht bestand aus einer 11-Watt-Dulux-Leuchtstoffimpe, die oberhalb des Beckens auf einer Glasscheibe lag.  Die Röhre war nicht mittig, sondern im rechten Teil des Beckens angebracht, sodass die andere Seite etwas dunkler war.  Auf einen Filter habe ich gänzlich verzichtet und nur in einer Ecke im dunkleren Teil des Zuchtbeckens einen grobporigen Ausströmer eingehängt, der nicht den Boden berührte und auf minimale Leistung eingestellt war.  Am Tag des Schlupfes entnahm ich aus dem Aquarium der Elterntiere das zum Befüllen des Zuchtbeckens nötige Wasser komplett.
 

Frisch geschlüpfter Jungfisch der Sulu-Seenadel, Doryrhamphis pessuliferus Nach dem Umsetzten der Jungen führte ich ca.15 L. Phytoplankton, das mit Zooplankton (Bra chionus plicatilis) angereichert war, tropfenweise dem Aufzuchtbecken zu.  Die Beleuchtung wurde nun auf 24 Stunden eingestellt und in den Folgetagen auch so gelassen. jeden Tag wurde der Boden abgesaugt und weiteres Phyto-/Zooplankton hinzugefügt, um das Wasser immer leicht grün zu erhalten.

Es war unheimlich spannend, die kleinen SuluSeenadeln zu beobachten, soweit das in der "grünen Suppe" möglich war. jeden Tag versuchte ich durchzuzählen, was aber unmöglich war, denn in dem relativ großen Becken und dem grünen Wasser konnte ich kaum etwas erkennen.

Nach drei Tagen bemerkte ich allerdings das einige Jungfische an der Wasseroberfläche "klebten", also nicht mehr normal wie in den ersten Tagen schwammen.  Wenn ich diese jungen mit einem Finger berührte, schwammen sie kurzfristig normal, trieben aber schon nach wenigen Sekunden wieder an der Oberfläche und am Folgetag waren sie tot.  Leider setzte sich dieser Trend fort und nach zehn Tagen war auch die letzte junge Seenadel gestorben.

	  In der grünen “Nährbrühe” aus Phyto- und Zooplankton sind die Sulu-Seenadeln kaum auszumachen Von der Pleite ließ ich mich aber nicht abschrecken und entnahm auf gleiche Weise die nächsten geschlüpften jungen Seenadeln.  Dieses Mal teilte ich die jungen auf.  Einen Teil setzte ich in das oben beschriebene Becken, allerdings ohne neues Wasser aus der Anlage, sondern mit dem noch grünen Wasser des ersten Versuches.  Den anderen Teil überführte ich in ein rundes Aquarium mit einem Durchmesser von 30 cm, das wieder mit Aquarienwasser gefüllt und mit Phyto/Zooplankton angereichert wurde.  Als Licht benutze ich eine 9-Watt-Dulux-Leuchtstofflampe.    

Junge Sulu- Seenadel in der UmfärbungsphaseIch nahm an, dass es sich positiv auswirken würde, wenn der Behälter rund sei.  Leider war diese Annahme falsch, denn das Sterben im runden Behälter nahm den gleichen Verlauf wie beim ersten Aufzuchtversuch.  Nach zehn Tagen war die nächste Panne perfekt: alle Jungfische waren gestorben.

In dem anderen Aquarium, bei dem ich eigentlich nichts gemacht hatte und zudem die jungen auch noch in das "alte" Wasser gesetzt worden waren, lebten nach zwölf Tagen noch drei junge.  Ich begann nun, in ganz kleinen Mengen frisch geschlüpfte Artemien zu füttem.  Am Folgetag (13.  Tag) begannen die verbliebenen drei jungen Seenadeln sich umzufärben und am 15.  Tag war die Färbung komplett.

Nach der Freude, dass drei junge überlebt hatten, kam die Überlegung: Warum?  Das Zooplankton im Zuchtbecken vermehrte sich mehr als nötig und musste abgesaugt, Phytoplankton dagegen zugegeben werden.  Allerdings bemerkte ich auch, dass sich reichlich "Tipse" in dem Becken vermehrt hatte und ich nahm zu diesen Zeitpunkt an, dass dies der Grund für das Überleben der jungen Seenadeln war.

Am selben Tag war wieder ein Gelege schlupfreif.  Wie zuvor stellte ich meine Anlage ab und schöpfte die 18 jungen ab.  Beim Abschöpften merkte ich aber, dass sich nicht nur junge Seenadeln zum Licht bewegten, sondern auch Plankton.  Ich entschloss mich, meine gesamte Anlage auszuschalten (es sind insgesamt ca. 12.000 Liter) und nach einer Stunde käscherte ich mit meinem Planktonnetz durch alle Becken.  Im Netz befand sich nun unterschiedlichstes Plankton, das ich in das Aufzuchtbecken gab.  Das Wasser in der Zuchtanlage war bis auf das absaugte und wieder auffüllte immer noch das vom ersten Versuch.  Durch die Zugabe des Planktonmixes und der vorhandenen "Tipse" waren nach zwölf Tagen noch 13 der 18 Seenadeln am Leben und färbten sich um. Weitere Versuche werden folgen.  Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie noch besser ausgehen werden.  Ausschlaggebend für den Aufzuchterfolg scheinen die "Tipse" zu sein, die in verschiedenen Entwicklungsgrößen vorhanden sind.  Sicher ist auch, dass eine Aufzucht allein mit Brachionus nicht gelingen kann und sehr wahrscheinlich ein Planktonmix viel besser ist.  Damit könnten vielleicht mehr Fische als bisher gezüchtet werden, insbesondere die verwandten Seenadeln Doryrhamphus multiannulatus, D. dactyliophorus, D. excisus, D. japonicus und D. janssi sowie auch Corythoichtys-Arten.


Hoffen wir, das es so kommt!
    
 
(c) Text und Fotos: Michael Mrutzek

 

   
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