Von Christian Mühlestein, 9000 St. Gallen
Das Zuchtpaar
Ich habe kein eigenes Zuchtpaar, sondern die Nadeln einige Stunden alt von Ben Kimmich bekommen.
Ich darf ihn zitieren:
"Die Geschlechter der Doryrhamphus pessuliferus sind praktisch nicht unterscheidbar. Lediglich während dem Balzen wird beim Weibchen die Legeröhre sichtbar und danach erkennt man das Männchen gut an den angehefteten Eiern.
Die Doryrhamphus pessuliferus schwimmen im Gegensatz zu anderen Seenadeln gerne offen im Aquarium herum. Dieser Umstand und ihre auffällige gelbgestreifte Färbung machen die Doryrhamphus pessuliferus zu einem tollen Beckenbewohner. Während dem Balzen schwimmt das Paar öfters dicht bei einander und das Männchen macht ab und zu schnappende Bewegungen mit dem Kopf in Richtung des Weibchens. Das Weibchen übergibt dem Männchen anschliessend die Eier innerhalb von wenigen Sekunden. Nach der Eiübergabe rollen sich die beiden Seenadeln einige Minuten lang umeinander. Wahrscheinlich werden dabei die Eier befruchtet und es wird sichergestellt, dass alle Eier gut haften. Diese sind danach gut sichtbar am Bauch befestigt.
Die Eier werden mit der Zeit dunkler und nach knapp 8 Tagen schlüpfen die Jungen in der ersten Hälfte der Nacht. Am nächsten Morgen findet in der Regel die erneute Eiübergabe statt.
Die etwa 6mm langen und Haardünnen Larven schöpfe ich mit einem Becher ab.
Die Fischlarve
Die frisch geschlüpften Larven sind etwa 6mm lang, haben Augen und Maul voll entwickelt, sind aktiv schwimmfähig, haben keinen Dottersack und sollten bereits am ersten Tag gefüttert werden.
Larve 2 Tage Larve 18 Tage
Die Aufzucht
In einem 54l-Aquarium, halb gefüllt mit Meerwasser, darin einige höhere Algen und Schnecken, ist ein 7l-Plastikeimer eingehängt. Neu angesetztes Meerwasser kommt ins 54l-Becken, wo es reifen kann und für Wasserwechsel bereitsteht. Beleuchtung Osram Vollspektrumröhre 18W 965 (5 Peaks, 6500K), 12h Beleuchtungsdauer. Nachts 12h blaue LED. Heizung im 54l-Becken, 25°C.
Osmosewasser mit Tropic Marin bio activ, 32ppt, Nitrat möglichst tief, Nitrit sowieso, der Rest wie üblich. Kleine Umwälzpumpe ebenfalls im 54l-Becken.
Etwa 50 Larven mit Wasser aus dem Elternbecken habe ich in den 7l-Plastikeimer gegeben und über Stunden tropfenweise Wasser aus dem 54l-Becken zugegeben, bis der Eimer ca. zur Hälfte gefüllt war.
Das Wasser im Eimer wird durch einige Luftblasen pro Sekunde aus einem 3mm-Glasröhrchen leicht bewegt (eventuell haben Silikon-Luftschläuche einen schlechten Einfluss auf die Wasserqualität, ich verwende sicherheitshalber nur noch Plastikschläuche, besonders bei Phytoplankton!). Das Wasser mit Nannochloropsis salina leicht eingegrünt, das stabilisiert die Wasserqualität, und einen kleinen Büschel Drahtalgen. Jeden Tag 1-2x Wasserwechsel (etwa die Hälfte) und Bodenabsaugen, mit Wasser aus dem grösseren Aquarium (also nicht frisch angesetztem), über Tropfsystem zugegeben. Wenn sich im Eimer ein Bakterienfilm bildet (die Innenseiten werden "glitschig"), oder wenn zu viele Brachionus im Wasser sind, ca. die Hälfte des Wassers durch ein 20um-Sieb in einen neuen Eimer geben, dann die Nadeln mit einem kleinen Becher ohne Luftkontakt umsetzen und mit Wasser aus dem 54l-Becken auffüllen (Tropfsystem).
Fütterung zuerst mit Cops (wohl Tisbe) und Brachionus, anfangs gesiebt durch 180 um und 60 um, was dazwischen hängenbleibt. Brachionus und Nannochloropsis ist eine heikle Mischung, denn die Brachionus vermehren sich dann sehr schnell und verunreinigen das Wasser, deshalb auch die vielen Wasserwechsel!
Zusätzlich kleine, frischgeschlüpfte Artemianauplien (ich sterilisiere sie mit Wasserstoffperoxid 3.5% @ 5Min, um Vibrionen vorzubeugen), sobald sie die fressen (so nach etwa 1 Woche). Peinlich genau Schalen trennen, die verunreinigen das Wasser ebenfalls!!
Nach einigen Wochen können auch Frostcyclops verfüttert werden. Ebenfalls ältere Artemien, angereichert mit Phyto (bei mir Nannochloropsis salina, Isochrysis galbana und Rhodomonas baltica=schöner HUFA-Mix). Moina habe ich nicht probiert, ist aber sicher einen Versuch wert. Nach 6 Wochen habe ich die Hälfte der Nadeln in ein Growout-Becken zu halbwüchsigen Seepferdchen gesetzt, die andere Hälfte ins 54l-Becken.
Ab etwa 10 Wochen beginnen die Nadeln, welche bei Seepferdchen wohnen, mit denen kleine Stücke Frostartemien und Frostmysis zu fressen.
Ungefähre Überlebensrate nach 3 Monaten: 1. Wurf 0%, 2. Wurf 45%
Aufzuchteimer im Growout-Becken
Dieser Zuchtbericht darf zu eigenen Zuchtzwecken verwendet werden. Vervielfältigung, Zitierung und Verbreitung (auch der Fotos!) nur mit Zustimmung des Verfassers.
St. Gallen, 5. Juni 2012, Christian Mühlestein