Allgemeiner Zuchtbeschrieb
Wir wollen hier klar zum Ausdruck bringen, dass folgendes nicht der Weisheit letzter Schluss ist.
Es ist einfach dazu gedacht, dass es jedem Interessierten einen möglichen Weg aufzeigt, mit welchem es möglich ist seine eigene kleine Zuchtstation erfolgreich zu beteiben.
Zuchtpaar
Hat man das Glück ein harmonisierendes Zuchtpaar zu besitzen, braucht es eigentlich nicht viel eigenes Zutun und man hat alle 10 bis 14 Tage ein Gelege.
Es reicht vollkommen das Paar abwechslungsreich mit verschiedenstem Futter zu versorgen.
Es sind ja wahrlich Allesfresser, jegliches Flocken-, Granulat-, und Gefrierfutter wird gierig verschlungen.
Gelegentlich werden jedoch auch längere Laichpausen eingelegt, wovon dies abhängig ist entzieht sich jedoch unserer Kenntnis.
Artenbecken
Das Artenbecken sollte mindestens 80 Liter fassen und kann wie ein ganz normales Riffbecken mit lebenden Steinen, Abschäumer, Strömungspumpe und ev. Schnellfilter betrieben werden. Sicherer ist es jedoch, wenn man die Möglichkeit hat ein solches Becken im Kreislauf mit einem grossen Hauptbecken zu betrieben.
Ein separates Artenbecken bringt für die erfolgreiche Zucht einige nicht zu verachtende Vorteile.
Der grösste ist wohl die Zeit. Mit dem Abschöpfen können wir nämlich zuwarten bis alle Larven geschlüpft sind ohne dass uns irgendwelche Fressfeinde zuvor kommen.
Geeignetes Futter
Als geeignetes Futter der ersten Tage bieten uns die Brachionus eine hervorragende Grundlage.
Aufzuchtbecken
Als Aufzuchtbecken eignen sich Normbecken mit maximal 25 Liter Volumen. Grösser hat keinen Sinn, da sowohl der Verbrauch an Brachionus, als auch der Reinigungsaufwand unverhältnismässig steigt. Es wird mit einer kleinen Heizung und Luftzuführung ausgestattet. Wir beleuchten mit zwei mal 4 Watt T5 (1x 10000K, 1x OceanBlue).
Teenagerbecken
Dieses Becken wird als normales Artenbecken betrieben und sollte minimal etwa 120-150 Liter fassen. In solch einem Becken können sich ohne Probleme ca. 120 Jungfische von 2-3 cm tummeln.
Wasserwerte
Es sind die üblichen in der Meerwasseraquaristik geltenden Werte anzustreben.
- Nitrit = nn
- KH = 7-9 mg/l
- Ca = 400-450 mg/l
- Mg = 1300-1350 mg/l
NO3 und PO4 werden im Artenbecken wohl kaum zum Problem werden.
Die Calzium- und Magnesiumwerte für ein gutes Kalkalgenwachstum sollten deshalb eingehalten werden, da die Fische gerne auf solchen Flächen ablaichen.
Dies ist jedoch nicht zwingend notwendig, weil sie auch auf Steinen, Glasscheiben oder Kacheln und Tontöpfen ablaichen.
Das Ablaichen
Dies erfolgt meist in den späten Nachmittagsstunden. Am Tage zuvor wird meist schon mit der Reinigung des Laichplatzes begonnen. Diesen suchen sie sich in der Nähe auf einem flachen Stein nahe des Fusses der Anemone aus. Erst streicht das Weibchen mit der ausgefahrenen Legeröhre über den Stein und setzt Ei für Ei punktgenau auf den Stein. Wie dies zu schaffen ist, ist mir noch heute in Rätsel, auch nach mehrfachem Beobachten. Anschliessend werden sofort vom Männchen die bereits vorhanden Eier befruchtet. Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis ein vollständiges Gelege von meist etwa 5 cm Durchmesser entstanden ist. Ca. 1 bis 1 ½ Stunden dauert der ganze Vorgang.
Das Gelege und die Laichentwicklung
1. Tag 3. Tag
Am dritten Tag ist dann die ganze Brut braun um dann ab ca. dem 4. Tag durchsichtig zu werden. Von da an kann man bereits die Augen der Larven erkennen. Nun gilt es noch 3 bis 5 Tage zu warten, bis die Eihülle komplett durchsichtig ist. Am Schlupftag, dies kann je nach Temperatur am 7.,8. oder 9. Tag sein, sind an den Eischalen absolut keine braunen Stellen mehr zu sehen. Sie schimmern dann silbrig. Wenn dies eindeutig zu erkennen ist, wird der Schlupf in der folgenden Nacht erfolgen.
Ein weiteres Merkmal ist auch, dass das Weibchen, welches sich die ganze Zeit kaum um die Brut gekümmert hat, nun vermehrt am Gelege anzutreffen ist.
5. Tag7. Tag
Wie auf dem 1. Bild schön zu sehen ist erstrahlt der Laich am ersten Tag in schönem Orange aber schon am zweiten Tag verliert er diese Färbung zusehends und beginnt sich gegen bräunlich zu verändern. Unbefruchtete Eier (weiss) bekommt man nie zu sehen, solange das Männchen die Brutpflege ernst nimmt, was eigentlich immer der Fall ist
Vorbereitungen
Nun gilt es einige Vorbereitungen in Angriff zu nehmen.
Am Aufzuchtbecken
Als erstes sollte nun das Aufzuchtbecken wie zuvor beschrieben eingerichtet werden.
Der Heizstab sollte zuvor auf die Temperatur des Ablaichbeckens justiert werden.
Dies erfolgt am genauesten, wenn man den Heizstab ins Ablaichbecken hängt und nach ca. einer halben Stunde den Ein- und Ausschaltpunkt sucht und den Regler genau in die Mitte stellt.
Denn auf die Skalen kann man sich meist nicht verlassen.
In dieses Becken bringt man etwa 3-5 cm Wasser aus dem Ablaichbecken ein. Mehr hat keinen Sinn, denn mit dem Abschöpfen der Larven bringt man noch genug Wasser ein und wenn es nach dem Abschöpfen noch nicht voll ist kann man immer noch nachfüllen.
Am Ablaichbecken
Gleichzeitig mit dem Lichterlöschen müssen die Pumpen, Abschäumer und sonstige Technik abgeschaltet werden.
Damit man gut arbeiten kann sollte vielleicht auch die Lampe höher gehängt werden.
Auch zu helle Lichtquellen im Raum sollten gelöscht werden.
Die absolute Verdunkelung des Beckens ist nicht nötig, bei uns schlüpfen sie auch bei brennenden UV-Röhren die nur mit einem Badetuch zugehängt werden. Ist dann wie in einer Vollmondnacht.
Jetzt braucht es nur noch etwa 2 Stunden Geduld, bis man nach den Larven sehen kann.
Denn meistens sind nach dieser Zeit alle geschlüpft und man kann sie mit einer Taschenlampe an die Frontscheibe locken.
Hat man das laichende Pärchen im Gemeinschaftsaquarium, empfiehlt es sich auch schon nach einer Stunden nach zu sehen, ob sie schon geschlüpft sind.
Denn je nach Besatz sind nach zwei Stunden wahrscheinlich schon viele Larven gefressen.
Abschöpfen
Nach der Wartezeit kann man jetzt mit Taschenlampe und Becher bewaffnet auf Larvenfang gehen. Die Taschenlampe befestigt man irgendwie über dem Becken, oder stellt sie auf den Glassteg, sodass der Lichtkegel der Frontscheibe entlang senkrecht nach unten leuchtet. Natürlich schaut man zuvor, ob denn der Laich auch wirklich weg ist. Ist die Taschenlampe nun in Position wartet man einige Minuten bis die Larven, vom Licht angezogen, im Lichtkegel bereits schon nach Fressbarem suchen. Unsere Larven sind eigentlich meist alle schon an der Frontscheibe, wahrscheinlich weil sie sich auch in der Natur ins Freiwasser begeben. Also es dauert meist wirklich nicht lange, bis man mit dem Abschöpfen beginnen kann. Dazu drückt man einen 1 Literbecher beinahe senkrecht ins Wasser, sodass der entstehende Sog über die Becherkante die Larven in den Becher zieht. Dieser Sog wirkt sich bis in ca. 20cm Wassertiefe aus, sodass schon beim ersten Versuch viele Larven im Becher landen. Kurz bevor der Becher voll ist ziehen wir ihn aus dem Wasser und kippen die wertvolle Fracht sehr vorsichtig ins Aufzuchtbecken. In der Zwischenzeit haben sich bereits wieder neue Larven im Lichtkegel versammelt und das Spiel geht wieder von vorne los. Dies macht man solange, bis keine Larven mehr im Ablaichbecken zu finden sind.
Nun kann im Ablaichbecken die Technik wieder in Betrieb genommen werden.
Im Aufzuchtbecken stellt man jetzt die zuvor justierte Heizung und die Luftversorgung an. Falls das Becken nun noch nicht gefüllt ist, kann man dies noch vorsichtig tun. Wir haben aber meist bereits genügend Wasser überführt, dass man eher zwischen durch wieder etwas Wasser durch einen Filter abziehen muss.
Will man die Larven einem Gemeinschaftbecken entnehmen hat man natürlich nicht soviel Zeit, da sicher dem einen oder anderen Fressfeind die mögliche Zwischenmahlzeit nicht entgehen wird. Da empfiehlt es sich die Absaugmethode mit einem Schlauch anzuwenden, aber ein 4mm Luftschlauch erzeugt zuwenig Sog, denn da lachen die Larven nur und zucken mit einem Ruck davon. Es ist erstaunlich welche Kraft und Schnelligkeit ein so kleines Wesen in einem so dichten Medium erreichen kann. Also ein 8-10mm Schlauch sollte es schon sein. Aber aufgepasst, ein 10 Literkübel ist so ganz schnell voll, noch bevor wir alle Larven erwischt haben. Weil man mit dieser Methode viel mehr Wasser aus den Ablaichbecken entnimmt kommt dann ganz sicher wieder die „Durchdenfilterabsaugmethode“ zum Zug. Dass mit der Absaugmethode, vor allem für die Larven viel mehr Hektik im Spiel ist versteht sich von selbst. Da ist zum Beispiel die Achterbahnfahrt durch den Schlauch und dann das Karussellfahren im Kübel, da geht’s nämlich rund! Und richtig die Verluste bis zum nächsten Morgen sind eindeutig grösser. Nun kann man natürlich sagen: die Schwächsten haben nicht überlebt, im Meer hätten sie wohl auch keine Chance gehabt. Wir lassen dies einfach mal so stehen, denn wir sind uns auch nicht 100%ig sicher was denn nun besser ist. Wir wenden jedoch meist die Bechermethode an.
Das Licht
Was soll denn nun richtig sein?
24 Stunden Licht oder 3 Stunden Nachtruhe oder der normale Tag/Nachtrythmus)
Man liest in verschiedenen Berichten in Büchern, Zeitschriften und auch im Internet, dass es notwendig sei, unbedingt die ersten Tage das Licht 24 Stunden brennen zu lassen. Dies war uns schon vom ersten Schlupf an nicht sympathisch und so haben wir damals schon 3 Stunden Nachtruhe geschalten. Doch auch dies war uns bald nicht natürlich genug und so stellten wir um auf den normalen Tag-/Nachtrhythmus.
Mit Blick in die Natur scheint es uns nicht nötig den Larven mit 24-stündiger „Bestrahlung“ auf die Pelle zu rücken. Nach unseren Erfahrungen reicht es also wenn man nach dem Überbringen der Larven ins Aufzuchtbecken bis zum nächsten Morgen das Licht ausschaltet.
Die Ernährung
Auch dies ein Thema, bei welchem wir uns immer wieder fragen, ob neue Berichteschreiber einfach den Alten abschreiben!
Meist leist man, dass es ohne die sogenannte Grünwassermethode nicht ginge, oder dass die Larven nachts auf Jagd gingen, oder dass die Larven in den ersten Tagen noch gar nicht jagen und sie somit im Futter stehen müssten, was immer das auch heisst?
Bei uns trifft alles so nicht zu.
- Wir haben immer klares Wasser!
- Nachts schlafen unsere Larven dicht aneinander gedrängt an den Silikonnähten
- Wir geben von der ersten Stunde an Brachionus in mässiger Dichte, ca. 200’000 Stück auf 20 Liter Wasser
- Wir geben die ersten 6 Tage Brachionus,
- Ab dem 3.-4. Tag gibt’s dann frischgeschlüpfte Artemien, ältere vertragen sie noch nicht, dies mussten wir übrigens selbst erfahren. Der Ausfall des ganzen Schlupfes war die Folge.
- Staubfutter gibt’s dann ab dem 12. Tag und je nach Grösse der Larven auch schon feines Granulat
- Feines Flockenfutter und gefrorene Lobstereier ab dem 30. Tag
Die Fütterung erfolgt meist nur abends.
Die Umstellung von lebendem Futter auf „totes“ ist übrigens bei diesen gierigen Allesfressern nie ein Problem!
Sonstige tägliche Arbeiten
Den Verdunstungsausgleich haben wir erst kürzlich auf ganz einfache weise halbautomatisiert. Ein Tropfen alle 3-5 Sekunden reichen um den Wasserstand konstant zu halten. Seit ich dies so mache sind die Verluste sichtbar zurück gegangen. Daraus schliessen wir, dass Dichteschwankungen nicht sehr gut vertragen werden und man darauf besonders achten sollte.
Noch einfacher ist es das Becken mit einer Plexiglasscheibe abzudecken, so ist die Verdunstung praktisch vernachlässigbar.
Den Teilwasserwechsel passiert zusammen mit der Bodenreinigung, für welche ich mir einen Scheibenschaber umgebaut habe.
Es hat sich aber gezeigt, dass es absolut genügend ist, den Boden alle 2/3 Tage abzusaugen, vorausgesetzt es sind nicht zu viele toten Larven vorhanden.
Sobald die Kleinen Farbe bekennen und auch keine Brachionus mehr verfüttert werden, also ca. ab dem 6. Tag stellen wir das Becken auf Durchlauf um. Das heisst es wird wieder an der ganzen Anlage im Parallelbetrieb betrieben.
Ein kontinuierlicher Wasserwechsel also!
Entwicklung der Larven
Wenn nun alles so einigermassen zusammen stimmt, hat man das Vergnügen die Entwicklung der kleiner Racker zu verfolgen und zu beobachten.
Es ist immer wieder von Neuem einmalig!
Nun lasst euch ein wenig anstecken.
Tag 1 | Tag 3 | Tag 6 | |||
Tag 6 | 12 - 15 Tage |
bis zu 3cm grossen Jungfischen mit ca. 3-6 Monate | |
Verhalten der Jungfische
Nachts schlafen sie meist zu mehreren zusammengedrängt an den Silikonnähten und Tags kann es unterschiedlich sein. Meistens schwimmen sie durch das ganze Becken wild durcheinander. Zwischendurch gibt es dann wieder Schlüpfe, wo sie sich meist dicht versammelt an der Scheibe an der Wasserlinie aufhalten.
Nun hört man auch immer mal wieder, dass Nachzuchten nicht in Anemonen gingen. Ich wusste schon länger, dass wenn ich sie mit ca. 1.5-2cm in ein normales Artenbecken umsiedle, dass sie meist nach kurzer Zeit die Anemonen „belästigen“. Was geschieht nun aber, wenn man bereits in das kleine Aufzuchtbecken eine Anemone gibt. Dies haben wir kürzlich das erste mal gemacht mit einer Quadricolor. Die Fischli sind vielleicht gerade mal 6-8mm und ca. 25 Tage alt.
Was dann passierte hat mich erst ein wenig entäuscht. Es gab keinen direkten „Angriff“ der ganzen Bande auf die Anemone. Der eine oder andere zeigte etwas Interesse, aber mehr war da nicht. Dies folgenden Aufnahmen (kleiner Film) sind jedoch in der zweiten Nacht nach dem Einsetzen der Anemone entstanden.
Einige machen es sich immer noch in windigen Ecken „gemütlich“, andere ziehen etwas ruherige Orte vor und dann gibt es noch solche die die ganze Nacht in der Strömung Überstunden schieben.
Wir wünschen allen die es versuchen wollen VIEL ERFOLG!
© 2006 SwissAquaristik GmbH.